Am Plenarmittwoch der zurückliegenden Straßburg-Woche im April wurde eines der wohl umstrittensten EU-Gesetze mit 374 gegen 235 Stimmen bei 19 Enthaltungen durch das Europäische Parlament angenommen: Das Europäische Lieferkettengesetz.

Zuvor hatte die belgische Ratspräsidentschaft die politische Einigung über das europäische Lieferkettengesetz so lange modifiziert, bis es im März schließlich die erforderliche qualifizierte Mehrheit für den Vorschlag im Rat gab. Deutschland hat sich bei der Abstimmung enthalten. Auch die ablehnende Haltung der FDP konnte das Gesetz nicht verhindern. Die Unfähigkeit der Ampel-Regierung, geeint nach außen zu treten, hat dem Ansehen Deutschlands in der EU dabei weiter geschadet.

Die neue Richtlinie soll Unternehmen verpflichten, Menschenrechte und Umweltnormen in den Lieferketten zu berücksichtigen. Unternehmen und ihre vor- und nachgelagerten Partner müssen negative Auswirkungen ihrer Tätigkeiten mit Blick auf internationale Menschenrechte und die Umwelt ermitteln und erforderlichenfalls verhindern, beenden oder abmildern. Soweit so gut und auch wichtig.

Die Richtlinie gilt nach einer Übergangsfrist von fünf Jahren für EU- und Nicht-EU-Unternehmen und Muttergesellschaften mit mehr als 1000 Beschäftigten und einem Umsatz von über 450 Millionen Euro. In Deutschland sind damit zumindest weniger Unternehmen betroffen, als unter dem bisher geltenden deutschen Lieferkettengesetz, welches keine Umsatzschwelle setzt.

Leider geht das EU-Lieferkettengesetz trotz weiterer Kompromisse für kleine und mittelständische Betriebe immer noch zu weit. Dabei ist die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Wirtschaft bereits durch steigende Energiepreise, Fachkräftemangel und hohe Bürokratielast unter Druck. Mit dem massiv belastenden Lieferkettengesetz, das ganz klar auf das Konto der linken Seite des Europäischen Parlaments geht, wird jetzt noch „draufgesattelt“.

Ich habe darüber hinaus Bedenken, dass uns in Europa bald ein Flickenteppichbei der Umsetzung der Vorgaben erwartet. Dass das Gesetz den EU-Mitgliedstaaten insgesamt viel Spielraum lässt, könnte zu Rechtsunsicherheit führen. Dies schwächt die europäische Wirtschaft insgesamt, vor allem wenn in anderen Teilen der Welt weitaus niedrigere Standards gelten.

Ich frage mich zudem, ob der Schutz der Menschenrechte und der Umwelt durch dieses Gesetz tatsächlich weltweit stärker durchgesetzt wird. Unternehmen könnten sich aufgrund der zusätzlichen Vorlagen auch aus Entwicklungsländern zurückziehen. Wenn Firmen aus anderen Ländern – beispielsweise China – diese Lücken füllen, so wäre letztendlich niemandem geholfen. Aus diesen Gründen habe ich gemeinsam mit meinen Kollegen der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament dagegen gestimmt.