Am Montag, gleich im Anschluss an die Eröffnung der Plenarsitzung, fand im EU-Parlament in Straßburg die Debatte über das Thema „Rechtsstaatlichkeit und die jüngsten Maßnahmen Ungarns“ statt. Die darauffolgende Abstimmung am Plenardonnerstag zeigte, dass das Parlament ein eindeutiges Zeichen setzten möchte und von Ungarn mehr als nur leere Worte, sondern die ernste Umsetzung der vorgelegten Abhilfemaßnahmen erwartet.

Hintergrund der Debatte ist der Vorschlag der Europäischen Kommission vom 18.09.2022, gegenüber Ungarn EU-Mittel in Höhe von 7,5 Milliarden Euro zurückzuhalten, nachdem sie bereits im April dieses Jahres das Ermittlungsverfahren gegen Ungarn eröffnet hatte. Dieser Vorschlag beruht auf erheblichen Bedenken im Zusammenhang mit Korruption und dem Missbrauch von EU-Gelder im öffentlichen Auftragswesen Ungarns.

Damit wandte die EU-Kommission erstmals gegenüber einem EU-Mitgliedsstaat den sogenannten „Rechtsstaatlichkeitsmechanismus“ an. Dieser Mechanismus trat Anfang 2021 in Kraft und ist ein „präventives Instrument“, das es der Europäischen Kommission erlaubt, EU-Gelder zurückzuhalten, um den EU-Haushalt zu schützen. Dies soll dann geschehen, wenn Bedenken bestehen, dass EU-Gelder in einem Mitgliedstaat veruntreut bzw. nicht ausreichend geschützt werden.

Die ungarische Regierung legte der Kommission im Mai 2022 17 Abhilfemaßnahmen vor. Informationen zur Umsetzung wurden bis zum 19.11.2022 erwartet – dieses Datum ist nun verstrichen. Die erhaltenen Informationen werden nun durch die EU-Kommission ausgewertet.

Unsere Position als EVP im Europäischen Parlament ist klar. Öffentliche Gelder müssen solange zurückgehalten werden, bis die ungarische Regierung die tatsächliche Umsetzung der angekündigten Reformen nachweisen kann. Nur so kann auf längerfristige Sicht gewährleistet werden, dass Ungarn seinen Kurs ändert.

Durch die überwältigende Zustimmung zur Entschließung „Verordnung über die Konditionalität der Rechtsstaatlichkeit“ zeigte das EU-Parlament deutlich, wie es zu dieser Debatte steht. Am 06.12.2022 werden die EU-Finanzminister über weitere Schritte entscheiden.

Es bleibt also abzuwarten, ob der Abstimmung des Europäischen Parlaments vom 24.11.2022 gefolgt wird. Ich halte Sie zu diesem – wie auch allen anderen Themen – selbstverständlich auf dem Laufenden.

Allerdings will ich auch klarstellen, dass es nicht immer nur um Ungarn gehen kann und es auf die Dauer nicht zuträglich ist, wenn ein Land unter ständigen Generalverdacht gestellt wird.

Die Regeln der EU gelten für alle. Die EVP wird immer dafür eintreten und andere Fraktionen haben den Grund, mit dem einen oder anderen Parteichef in ihren Reihen ein ernstes Wort. reden.

Vor allem aber gilt: Das letzte Wort, ob gegen ein Land Sanktionen verhängt werden, hat nicht die Kommission, nicht die Mehrheit der Parteien im Parlament und schon gar nicht die Opposition im jeweiligen Land, sondern allein der Europäische Gerichtshof.