Die Europäische Union ist eine Rechte- und Wertegemeinschaft. Darauf können wir sehr stolz sein! Das bedeutet allerdings auch, dass unser Tun diesem Anspruch entsprechen muss.

Die Migrationsströme aus Drittstaaten sind im Jahr 2023 kein neues Thema mehr – und dennoch heute aktueller denn je. Durch weitgreifende Ereignisse wie die Coronapandemie oder Putins Angriffskrieg auf die Ukraine hat sich die Welt um uns herum stark verändert.

Europa soll und muss helfen. Dabei ist jedoch die Sicherheit von Menschen, die internationalen Schutz oder nach einem besseren Leben suchen ebenso zu berücksichtigen, wie die Bedenken von Staaten, die befürchten, dass der Migrationsdruck ihre Kapazitäten übersteigt.

Nicht nur europaweit – auch während der ersten von zwei Sitzungswochen des EU-Parlaments des Monats Oktober in Straßburg wurde das Thema „Europäische Asyl-und Migrationspolitik“ deshalb heiß diskutiert. Genauer genommen ging es bei einer Plenardebatte zum Thema „EU-Asyl- und Migrationspolitik“ um den im September 2020 durch die EU-Kommission vorgebrachten Vorschlag für ein neues „Asyl-und Migrationspaket“.

Das Paket umfasst insgesamt fünf Rechtsakte. Einer davon – die Verordnung über Krisen und höhere Gewalt – war bis zuletzt von Deutschland aufgrund Ampel-interner Streitigkeiten blockiert worden.

Insofern war es eine gute Nachricht, dass Vertreter der EU-Mitgliedstaaten nur wenige Stunden nach einer entsprechenden Plenardebatte des EU-Parlaments Anfang Oktober eine Einigung über diese letzte Komponente einer gemeinsamen europäischen Asyl- und Migrationspolitik erzielen konnten.

Zur Erklärung: In einer Sitzung des Ausschusses der Ständigen Vertreter haben die EU-Mitgliedstaaten bereits zu Beginn dieses Monats in Brüssel ihr Verhandlungsmandat für die oben genannte Verordnung über Krisensituationen – darunter fällt auch die Instrumentalisierung von Migration – und Fälle höherer Gewalt im Bereich Migration und Asyl festgelegt. Dieses Mandat bildet die Grundlage für die Verhandlungen zwischen dem Ratsvorsitz und dem Europäischen Parlament, über die ich Sie selbstverständlich auf dem Laufenden halte.

Die Reform der europäischen Asyl- und Migrationspolitik ist zu wichtig und die Situation in unseren Kommunen zu alarmierend, um sie parteiinternen Auseinandersetzungen zu opfern.

Laut meiner CDU/CSU-Kollegin Lena Düpont zählen „ein strengerer Schutz der Außengrenzen, schnellere und europaweit einheitliche Asylverfahren, eine konsequente Abschiebepraxis bei Strafauffälligkeit sowie lückenlose Registrierung von Migranten, um ein Untertauchen und unerlaubte Sekundärmigration zu verhindern“ zu den wesentlichen Aspekten des neuen Pakets.

Während der Plenardebatte ging es auch um die Frage der Solidarität. Dahinter steht die sogenannte „Dublin-II-Verordnung“ des europäischen Asylrechts, wonach ein jeder Asylantrag stets auf dem Hoheitsgebiet des EU-Mitgliedsstaats gestellt werden muss, in dem ein Flüchtling oder Migrant zum ersten Mal den Fuß auf europäischen Boden setzt.

Seit Jahren beklagen unsere südlichen Nachbarn an den europäischen Außengrenzen deshalb ihre Überlastung. Das neue Paket soll jetzt zu einer verpflichtenden Verteilung führen, beziehungsweise Zahlungen vorsehen, wenn Staaten keine Flüchtenden aufnehmen wollen.

Für mich ist klar: die EU muss vorrangig durch eine kluge Nachbarschaftspolitik, eine fairere und nachhaltigere Handelspolitik und mehr sicherheitspolitische Verantwortung dafür Sorge tragen, dass Fluchtgründe in den an Europa angrenzenden Weltregionen weniger werden und mittel- bis langfristig entfallen.

Fest steht, dass wir Instabilität importieren werden, insofern es uns nicht gelingt, Stabilität zu exportieren. In diesem Zusammenhang müssen Länder, die zusätzlich von klimabedingten Katastrophen betroffen sind, und oftmals keine Ressourcen haben, die Folgen der Klimakrise zu bewältigen, finanziell effektiver und nachhaltiger unterstützt werden. Zu lange wurde zu viel Geld falsch ausgegeben.

Gleichzeitig müssen die EU-Mitgliedstaaten ihre Kräfte bündeln, um jegliche Formen des illegalen Menschenhandels wirksam zu bekämpfen. Fehlanreize, die durch unterschiedliche Schutzstandards in den Mitgliedstaaten entstehen, müssen vermieden werden.

Wie kann dies gelingen? Ich halte neuartige Kooperationsmodelle in den Bereichen Bildung und Ausbildung, Handel sowie Dienstleistungen, die den europäischen Binnenmarkt mit den Märkten der angrenzenden Weltregionen verbinden, für einen sinnvollen Lösungsansatz.