Zu Ehren des Europatages und im Rahmen der Debattenreihe „Das ist Europa“ („This is Europe“) – in der Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsstaaten vor dem Europäischen Parlament ihre Ansichten und Lösungen zu den Herausforderungen für Europa darlegen – besuchte Bundeskanzler Olaf Scholz am 09. Mai auf Einladung unserer Parlamentspräsidentin Roberta Metsola das EU-Parlament in Straßburg, um den EU-Abgeordneten seine Ansichten zur aktuellen Lage und zur Zukunft Europas darzustellen.

Über diesen Link können Sie die etwa einstündige Rede und Debatte in deutscher Sprache verfolgen. Die Rede von Olaf Scholz findet sich gleich zu Beginn und am Ende seine Schlussbemerkungen. Unter den dazwischenliegenden Redebeiträgen möchte ich Sie insbesondere auf die Reaktionen meiner CDU/CSU-Kollegen Manfred Weber (bei Minute 11:04) und Daniel Caspary (bei Minute 11:36) hinweisen.

Die Europäische Union ist heute weit mehr als eine Werte- und Wirtschaftsgemeinschaft. Die Einheit Europas sichert uns nunmehr seit über sieben Jahrzehnten Freiheit und Sicherheit und Wohlstand. Aber Europa steht vor schwierigen Zeiten und auch Deutschland geht es nur dann gut, wenn es Europa gut geht.

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz hat in seiner Rede die Bedeutung der Europäischen Union hervorgehoben und dabei verdeutlicht, wie wichtig es ist, die europäischen Werte von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie die Wahrung der Menschenrechte zu stärken und nach außen zu tragen.

Die Themenbereiche, die der Bundeskanzler während seiner Grundsatzrede abdeckte, reichten vom Krieg in der Ukraine über die Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit – insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent – bis hin zur geplanten EU-Erweiterung und einer engeren europäischen Verzahnung unserer Verteidigungsordnung. Des Weiteren sprach Scholz die Themen Nahrungssicherheit, die Verabschiedung neuer Freihandelsabkommen, sowie das bereits bekannte Anliegen Scholz‘, die Abschaffung der Einstimmigkeit in der Außenpolitik an.

In einer Sache kann ich dem Bundeskanzler zustimmen – obgleich die Europäische Union weiterhin den weltweit größten Binnenmarkt darstellt und die genannten europäischen Werte auch außerhalb Europas weiterhin attraktiv sind, so muss sie sich stetig – besonders digital – weiterentwickeln, um zukünftig breiter aufgestellt zu sein. Wir müssen uns reformieren, um den aufstrebenden Mächten der Vereinigten Staaten und Chinas weiterhin wirtschaftlich und politisch auf Augenhöhe begegnen zu können.

Dass gerade Olaf Scholz allerdings von einem Aufbruch, von Reformen und von mutigem und schnellen Handeln spricht, wirkt an der einen oder anderen Stelle doch etwas zynisch:

Denn war es nicht die Ampelregierung unter seiner Führung, die so zögerlich gehandelt hat, als es um Waffenlieferungen an die Ukraine ging? Steht es nicht in der Verantwortung der Scholz-Regierung, dass die Entscheidung über das Verbrenner-Aus in den EU-Mitgliedssstaaten wochenlang blockiert wurde? Und war es nicht die Ampelregierung, die Teile des Hamburger Hafens an China verkauft hat und sich damit erneut in einseitige Abhängigkeit begeben hat? Zudem stimmten die EU-Abgeordneten von SPD und Grünen im März dieses Jahres für die Zwangssanierung von Gebäuden, wohingegen SPD-Bauministerin Geywitz dies wenige Tage später öffentlich ablehnte.

Zusammenfassend wirkte die Rede von Olaf Scholz – das spiegelte auch die Debatte wider – bis auf wenige Passagen und bis auf grundsätzliche Bemerkungen, die wir wohl alle unterschreiben können, ambitionslos und ideenlos, gar kraftlos. Es ist dem Bundeskanzler nicht gelungen, neue Ansätze zur Zukunft der EU – gerade mit Blick auf die Europawahlen im kommenden Jahr – zu liefern. Bereits bekannte Ideen wurden wiederholt, ohne neue Impulse zu setzen.

Statt Ambitionen und Interesse für Europa, herrschen in der deutschen Bundesregierung Selbstbeschäftigung und Konfusion vor. Dabei zeigt sich mittlerweile eine deutliche Diskrepanz zwischen Ampelregierung und SPD/Liberalen und Grünen im EU-Parlament.

Was Europa braucht, ist ein Kurs unseres Landes, der darauf abzielt, Europa fit zu machen für die kommenden Jahre und Jahrzehnte. Deutschland muss klarer werden in seinen Handlungen und in seinen Forderungen wieder verlässlicher werden. Der Auftritt des Bundeskanzlers war bedauerlicherweise vor allem ein weiteres Zeichen dafür, dass die zerstrittene Ampel zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist. Deutschland gibt damit in Europa ein denkbar schlechtes Bild ab.