Im Anschluss an die “Rede zur Lage der Europäischen Union“ durch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, über die ich Ihnen in meinem Newsletter im September berichtet habe, stellte die EU-Kommission den Abgeordneten am Plenardienstag ihren Arbeitsplan für 2023 vor.

In einer Absichtserklärung fasste von der Leyen bereits vor Ihrer Rede die wichtigsten Bereiche zusammen, in denen im nächsten Jahr Gesetzesvorschläge folgen werden.

Das neue Arbeitsprogramm und die damit verbundenen politischen Prioritäten der EU-Kommission für 2023 geben einen ausführlichen Überblick darüber, welche Gesetzesinitiativen die EU-Kommission in den nächsten zwölf Monaten neu vorschlagen bzw. zurücknehmen will.

Bereits im Vorfeld der Vorlage des Programms hatte die CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament dafür plädiert, dass die richtige Antwort auf die – durch den russischen Angriff auf die Ukraine ausgelöste – Wirtschafts- und Energiekrise jetzt ein Belastungsmoratorium für Menschen und Märkte ist. Das letzte was unsere EU-Bürgerinnen und Bürger bzw. unsere Unternehmen jetzt gebrauchen können, sind zusätzliche Belastungen durch unnötigen Bürokratieaufwand.

Es ist deshalb positiv, dass die EU-Kommission auf unser Drängen hin besonders komplexe und belastende Gesetzesvorhaben wie die Chemiekalienregulierung „REACH“ verschieben wird – aus Rücksicht auf die Industrie. Der Vorschlag soll nun frühestens 2024 kommen und gibt der Branche etwas Zeit zum Durchatmen.

Die Unternehmen hatten vor dem Hintergrund massiv gestiegener Rohstoffpreise wiederholt gefordert, zum aktuellen Zeitpunkt von der Regulierung abzusehen, die Verfahren zur Bewertung von Informationen über die Eigenschaften und Gefahren von chemikalischen Stoffen festlegt.

Die Verordnung soll dem Schutz der Umwelt vor Chemikalien dienen und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit der EU-weiten chemischen Industrie erhöhen. Die damit verbundenen Dokumentarpflichten dürfen aber ihren Nutzen nicht überwiegen. Europa muss Innovationstreiber bleiben und darf nicht zum Innovationsvertreiber werden!

Im neuen Arbeitsprogramm erläutert die EU-Kommission ebenfalls, wie sie die Ukraine weiterhin in ihrem Krieg gegen Russland unterstützen wird und dabei gleichzeitig mit den steigenden Energiepreisen und Lebenshaltungskosten umgehen sowie die wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Pandemie fördern will.

Die Ankündigung einer Prüfung der Gesetzgebung im Hinblick auf die europäische Wettbewerbsfähigkeit ist meines Erachtens ein positives Signal. Nichtsdestotrotz hätte es weiterer deutlicherer Signale der Entlastung bedarft. Und im Blick auf den Mehrwert mancher Regelung ist verzichten sicher die bessere Antwort als verschieben.

Ich habe vor allen Dingen auf die Rücknahme des – für die Unternehmen extrem aufwändigen – europäischen Lieferkettengesetzes gehofft, das diesen – zusätzlich zu den nationalen Gesetzen – die Pflicht aufbürdet, globale Lieferketten auf allen Zuliefererstufen zu überwachen.

Die damit verbundenen Auflagen machen das Erstellen von Risikoanalysen und die Einrichtung von Maßnahmen und Sorgfaltsplänen sowie deren Umsetzung notwendig. Diese Umsetzung dieser Maßnahmen ist insbesondere für mittelständische Unternehmen schwer zu schultern.

Das Versäumnis der EU-Kommission, hier ein wichtiges Signal an Handwerk und Mittelstand zu senden, ist eine verpasste Chance.

Als CDU/CSU-Gruppe fordern wir weiterhin einen Belastungsstopp! Statt neuer Auflagen brauchen die europäischen Unternehmen dringend eine Gesetzgebung, die Planungssicherheit bietet. Ansonsten laufen wir Gefahr, Europa in der eigenen globalen Wettbewerbsfähigkeit zu schwächen – und das wäre fatal!

Ich möchte Sie in dieser Sache auf das EVP-Positionspapier „Fighting inflation/Tackling the rise of energy and living costs“ verweisen, das Sie unter folgendem Link beziehen können:

https://www.eppgroup.eu/newsroom/publications/epp-group-position-paper-on-fighting-inflation-and-tackling-the-rise-of-energy-and-living-costs.