Endlich zurück im Kosovo! – „Më në fund përsëri në Kosovë!“

Als Vizepräsident des Europäischen Parlaments hat mich die kürzlich neu gewählte Parlamentspräsidentin Roberta Metsola mit der Aufgabe betraut, sie in Angelegenheiten die Staaten des Westbalkan betreffend zu vertreten. Doch nicht zuletzt seit dieser mir Anfang des Jahres neu anvertrauten Aufgabe liegt mir das Schicksal unserer Nachbarn auf dem Westbalkan sehr am Herzen. In meiner langjährigen Funktion als stellvertretendes Mitglied der parlamentarischen Delegation für die Beziehungen zu Bosnien und Herzegowina und dem Kosovo hatte ich bereits mehrfach die Möglichkeit, den Westbalkan und insbesondere das Kosovo zu bereisen. Nachdem ich aufgrund der Pandemie meine Kosovo-Besuche in den vergangenen Jahren deutlich reduzieren musste, hatte ich nun im Februar dieses Jahres endlich wieder einmal Gelegenheit, auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung in den Kosovo zu reisen!

Das Hauptaugenmerk meiner Reise vom 24. bis 28. Februar 2022 lag diesmal nicht nur auf einem allgemeinen europapolitischen Gedankenaustausch mit Regierungsvertretern und Parteikollegen. Aufgrund der erschütternden geopolitischen Situation im Osten Europas stand das Thema Ukraine sowie das Verhältnis Kosovos zu Russland selbstredend im Vordergrund meiner Gespräche. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des aktuellen Krieges gegen die Ukraine müssen wir Europäer geschlossen handeln und gemeinsam ein deutliches Zeichen für eine ernstzunehmende EU-Beitrittsaussicht setzen! Proeuropäisch ausgerichtete Länder auf unserem Kontinent, die in den vergangenen Jahren entscheidende Fortschritte in den Bereichen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit geleistet haben, müssen von Seiten der EU nun endlich auch konkrete Perspektiven erhalten, die über reine Symbolpolpolitik hinausgehen!

Es freut mich sehr, dass ich über diese Themen mit Staatspräsidentin Vjosa Osmani, Premierminister Albin Kurti, Verteidigungsminister Armend Mehaj und meinem Kollegen und engen Partner, Lumir Abdixhiku, Vorsitzender unserer Schwesterpartei LDK, auf einer offenen und vertrauensvollen Basis sprechen konnte.

Im Rahmen meines Besuchs war es mir außerdem ein persönliches Anliegen, neben Regierungsvertretern auch Repräsentanten verschiedener Gemeinden zu treffen. Anlass hierfür waren die im Herbst des vergangenen Jahres stattgefundenen Kommunalwahlen. Zum nunmehr vierten Mal seit der Unabhängigkeit der Republik Kosovo fanden im Oktober und November 2021 in 38 kosovarischen Gemeinden Kommunalwahlen statt. Unsere Schwesterpartei LDK, Democratic League of Kosovo, konnte dabei als eine der stärksten Oppositionsparteien im Land bedeutsame Zugewinne verzeichnen und mit Perparim Rama obendrein das wichtige Bürgermeisteramt der Hauptstadt Pristina zurückgewinnen!

Neben den Treffen mit meinen Parteikollegen Perparim Rama (Bürgermeister von Pristina) und Gazmend Muhaxheri (Bürgermeister von Peja) konnte ich außerdem Gespräche mit Vertretern aller pro-europäischen kosovarischen Parteien führen. Schwerpunkte unseres Austauschs waren dabei die Stärkung der Rolle der Kommunen – darunter Möglichkeiten der kommunalen Selbstverwaltung –, der Ausbau der Bildungszusammenarbeit zwischen deutschen und kosovarischen Schulen sowie die Etablierung dualer Ausbildungskonzepte im Kosovo. Die Aussicht auf eine engere Kooperation mit den Gemeinden Baden-Württembergs und die Möglichkeit eines zukünftigen Austauschs von Best-Practice-Methoden stieß bei allen Kommunalvertretern auf großes Interesse.

Doch nicht nur die Ebene der Lokalpolitik bietet großes Gestaltungs- und Entwicklungspotenzial. Die Republik Kosovo verfügt mit einem Altersmedian von 30,4 Jahren (Quelle: Statista, 2020) auch über die jüngste Bevölkerung Europas! Die hohe Motivation der jungen Menschen sowie deren starke Orientierung gen Westen lassen überall im Land eine spürbare Aufbruchstimmung vernehmen. So war das große Potenzial der jungen Generation auch Thema meines Treffens mit dem Rektor der Universität Pristina, Herrn Prof. Dr. Prof. Dr. Naser Sahiti, und Studierenden unterschiedlicher Fachrichtungen der Universität Pristina. Neben der Vertiefung bereits bestehender Universitätspartnerschaften zwischen deutschen und kosovarischen Lehranstalten und dem Aufbau neuer Kooperationsprogramme war eines der Hauptanliegen unseres Austauschs die Schaffung attraktiver Studien- und Berufsperspektiven vor Ort, um einer Abwanderung von qualifizierten Studierenden und Auszubildenden entgegenzuwirken. Zweifelsohne profitieren wir Europäer – und speziell wir Deutschen – von der Zuwanderung gut ausgebildeter Fachkräfte; vor dem Hintergrund sicherheitspolitischer und geostrategischer Überlegungen sollten wir in Europa jedoch ein mindestens genauso großes Interesse daran haben, unsere Nachbarn auf dem Westbalkan langfristig zu stabilisieren und nachhaltig zu stärken. Investitionen in Bildung, demokratische Strukturen und Wirtschaft sollten deshalb von den europäischen Entscheidungsträgern ebenfalls mit hoher Priorität vorangetrieben werden.

Ich möchte die Gelegenheit dieses Newsletters dafür nutzen, um mich für den herzlichen Empfang im Kosovo zu bedanken! Bereits seit meinen ersten Begegnungen mit den Menschen vor Ort sowie den in der Diaspora lebenden Kosovarinnen und Kosovaren, bin ich von der Gastfreundschaft, der westlich geprägten Lebensweise und der Toleranz gegenüber jeglicher Religion und ethnischer Herkunft begeistert. Der inhärente Wunsch der kosovarischen Gesellschaft, sich stärker innerhalb der Europäischen Union zu integrieren, ist nicht zuletzt aufgrund der in den vergangenen Jahren gemachten Fortschritte in den Bereichen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit vollends nachvollziehbar und verdient – heute aktueller denn je – eine klare Antwort von Seiten der Europäischen Mitgliedstaaten!

Vielen Dank für den herzlichen Empfang! – „Ju falemnderit për mikpritjen tuaj të ngrohtë!“