Am Mittwochmorgen ging es um den erwarteten Wandel der US-Politik durch die Amtseinführung von Joe Biden als neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika. Ich begrüße die Entscheidung des US-Kongresses, der den Sieg des demokratisch gewählten 46. Präsidenten der Vereinigten Staaten am Mittwoch offiziell bestätigte.

In der Generaldebatte, die bereits um 8:30 Uhr begann, nahmen die EU-Abgeordneten während der Plenartagung zunächst Stellung zu den jüngsten Ausschreitungen und zum Sturm auf das Kapitol in Washington D.C. Anfang des Jahres, bei der Anhänger des scheidenden US-Präsidenten Trump versucht hatten, die Amtseinführung seines Nachfolgers gewaltsam zu vereiteln.

Mit großer Sorge habe auch ich die beklagenswerten Ereignisse auf dem „Capitol Hill“ mitverfolgt und bedauere den Verlust der Menschenleben und den Angriff auf eine der ältesten Demokratien der Welt zutiefst. Obgleich die gewaltsamen Übergriffe in Washington auf das Schärfste zu verurteilen sind, so erscheint es mir doch äußerst wichtig, den Umstand ernst zu nehmen, dass noch nie ein US-Präsident mit mehr Stimmen gewählt worden, aber auch noch nie ein Bewerber mit mehr Stimmen nicht gewählt worden ist.

Zunächst einmal sehe ich die Biden-Administration als innenpolitisch gefordert an. Der jüngste Sturm auf das Kapitol und dessen Vorgeschichte sind durch Phänomene befeuert, die mit der Bedrohung von Demokratie und gezielten Angriffen auf den gesellschaftlichen Frieden zu tun haben. Diese Phänomene beruhen auf Desinformation und sind auf der Verursachung gesellschaftlicher Spaltung begründet. Ein Teil der Bedrohung von Demokratie fußt auch auf der Veränderung des Umgangstons. Dies alles beschäftigt uns auch hier in Europa. Daher fordere ich zu mehr Achtsamkeit miteinander aber auch zu mehr Wachsamkeit auf, die mit einer stärkeren Kontrolle von Internetkonzernen einhergeht, um der Verbreitung von „Fake News“ entgegenzutreten zu können.

Wie vorab angekündigt, leitete Biden bereits die Rückkehr der Vereinigten Staaten zum Pariser Klimaschutzabkommen ein. Auch eine Rückkunft zur Weltgesundheitsorganisation (WHO), aus der die USA unter Trump 2020 austraten, steht an. Für Europa ist besonders die weitere Unterstützung der USA in der Entwicklung des Westbalkan, sowie die kontinuierliche Fortsetzung des Engagements im Nahen Osten wichtig.

Das Europäisches Parlament ist bereit, enger mit dem US-Kongress zusammenzuarbeiten, um ein Bündnis von Demokratien in der Welt zu fördern. Angesichts wachsender autoritärer Herrschaft ist dies heute wichtiger denn je. Dennoch dürfen wir uns nicht in Abhängigkeiten begeben und müssen daher verstärkt Autonomie im Sinne unserer Sicherheit und unserer Werte entwickeln. Ich freue mich auf ein neues Kapitel in den Beziehungen zwischen der EU und den USA.

Den Abgang Trumps sehe ich als Chance, den Multilateralismus neu zu beleben. Dieser Wandel wird unserer transatlantischen Agenda zudem neue Anstöße im Bereich Sicherheit und Handel geben. Und von einer gestärkten transatlantischen Kooperation auf Augenhöhe profitiert die ganze Welt.