Am Dienstagmorgen verabschiedete sich der scheidende Kommissionspräsident in einer emotionalen Rede im Plenum des Europäischen Parlaments. Jean-Claude Juncker zog Bilanz seiner Zeit als Präsident der Europäischen Kommission. Insgesamt blickt er auf eine lange und außergewöhnliche politische Karriere zurück: Bevor er im November 2014 Kommissionspräsident wurde, war Juncker 18 Jahre lang Premierminister (und lange Jahre gleichzeitig Finanzminister) in Luxemburg. Bei seinem Amtsantritt als Kommissionspräsident vor fünf Jahren sprach Juncker von einem „Europa der letzten Chance“. Es sei ihm – mithilfe der Kommissarinnen und Kommissare – gelungen, eine politische Kommission zu bilden und diese letzte Chance zu nutzen.
Brexit, Flüchtlinge, Griechenlandkrise – Die Amtszeit von Juncker war von politischen, wirtschaftlichen und humanitären Krisen geprägt. Juncker bezeichnete die Krisenjahre während seiner Amtszeit als Bruchlinien in der Europäischen Solidarität. Dass die EU diese gemeistert hat und nicht auseinanderbrach, ist auch ihm und seiner Person zu verdanken.

Beim Thema Brexit warnte er eindringlich davor, den Briten zu viele Zugeständnisse zu machen, da sonst auch andere Mitgliedstaaten auf die Idee eines Austritts kommen könnten. Juncker zog eine ernüchternde Bilanz hinsichtlich der Zeit, die der Brexit-Streit in seiner Arbeit der letzten Jahre in Anspruch nahm. Es sei, so Juncker, „eine Zeit- und Energieverschwendung“ gewesen. Dennoch betonte er, mit Premierminister Boris Johnson in Kontakt bleiben zu wollen und die Forderungen Londons sorgfältig zu überprüfen. Das Ziel sei ein friedlicher und geregelter Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU. Darüber hinaus verdeutlicht er, dass man der EU unter keinen Umständen vorwerfen könne, etwas unversucht gelassen zu haben. „Wir können in den Spiegel schauen und sicher sein, dass wir alles dafür gegeben haben, dass es ein geregelter Austritt wird“.

Junckers Verdienste für Europa sind zahlreich: Dank ihm konnte Griechenland im Euro gehalten werden und es gelang ihm, Trump in einem persönlichen Gespräch davon zu überzeugen, die EU nicht mit Strafzöllen zu belegen. Durch den nach ihm benannten „Juncker-Investitionsplan“ wurden 1,1 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze in Europa geschaffen.

„Stolz darauf, dass der Frieden in Europa erhalten wurde“


Als die größte Errungenschaft bezeichnete Juncker, dass der Frieden in Europa erhalten werden konnte. Für ihn ist und bleibt die EU ein großes Friedensprojekt. Die Abgeordneten dankten ihm mit stehenden Ovationen und bezeichneten ihn als „echten Europäer und echten Humanisten“. Dank seines politischen Werkes, so die Abgeordneten, könne man sich als Europäer identifizieren – egal aus welchem Land man komme. Juncker beendete seine Rede im Plenum mit einem flammenden Appell: „Kümmern Sie sich um Europa. Kämpfen Sie mit aller Macht gegen den dummen und hartnäckigen Nationalismus. Es lebe Europa“!

Seine Nachfolgerin Ursula von der Leyen wird nach derzeitigem Stand ab 1. Dezember sein Amt übernehmen. Die Abschiedsrede des scheidenden Kommissionspräsidenten können Sie hier in voller Länge nachsehen.

Zahlen und Fakten zur Juncker-Kommission finden Sie hier.