Mit Spannung hatte man den Besuch des italienischen Premierministers, Giuseppe Conte in Straßburg erwartet. Die rechts-links-populistische Regierungskoalition unter seiner Führung ist in vielen Fragen auf Konfrontationskurs mit der EU oder einzelnen Mitgliedstaaten gegangen. Wie man sich die gemeinsame Zukunft Europas in Rom unter diesen Bedingungen wohl vorstellt?

Italien ist leider schon seit mehreren Jahren ein Sorgenkind der EU bzw. insbesondere der Eurozone. Sieht man von Griechenland ab, so hat kein Land eine derart hohe Staatschuldenquote wie Italien (mit über 130% der Wirtschaftsleistung!). Besonders problematisch ist dies vor allem aus zwei Gründen. Erstens ist Italien keine kleine Volkswirtschaft. Gerieten die Dinge dort einmal ins Wanken, so könnte Europa – anders als noch in Griechenland, Irland, Spanien und Zypern – kaum wirksame Gegenmaßnahmen ergreifen. Dies bedroht nicht nur Italien, sondern die gesamte Eurozone! Zweitens, und dies gibt noch mehr Grund zur Sorge, war der Wille, die dringend nötigen Reformen anzupacken, in den letzten Jahren meist nicht ausreichend.

Seit in Italien nun seit Mitte 2018 eine Koalitionsregierung aus Rechts- und Linkspopulisten an der Macht ist, hat sich die Lage weiter verschlechtert. Führende Regierungsmitglieder poltern gegen Europa und einzelne Mitgliedstaaten und bei gemeinsamen Herausforderungen wie der Flüchtlingspolitik (beispielsweise bei der Mission „Sophia“ im Mittelmeer) blockiert Rom viele Lösungsvorschläge. Auch wirtschaftlich fährt die Regierung einen fragwürdigen Kurs: Nicht durch Reformen, sondern durch die Finanzierung von Wahlgeschenken mit immer neuen Schulden möchte man das Land verändern. Diese Politik hat bereits Folgen: Lediglich um 0,2 Prozent soll die italienische Wirtschaft 2019 laut EU-Kommission wachsen. Im Dezember war noch von 1,2 Prozent die Rede gewesen. Es zeigt sich, dass politische Unsicherheiten drastische Folgen haben. Die Strategie „Italien zuerst“ der populistischen Regierung aus „Lega“ und „5 Sterne Bewegung“ entpuppt sich als Luftnummer. Es ist mehr als abenteuerlich, Wahlversprechen auf Pump zu finanzieren. Was Italien jetzt braucht, sind umfassende Strukturreformen, um den hohen öffentlichen Schuldenstand zu senken und auch, um insbesondere den vielen jungen Menschen ohne Arbeit endlich eine bessere Perspektive zu bieten. Griechenland sollte uns ein warnendes Beispiel sein!

Doch gerade deshalb ist es nun wichtig, mit den Verantwortlichen in Italien im Gespräch zu bleiben. Trotz bestehender Differenzen ist allen klar, dass wir auf Dauer mit und nicht gegen Italien arbeiten können. In Straßburg forderte Giuseppe Conte mehr Solidarität und Zusammenhalt zwischen den Mitgliedstaaten. Wir nehmen ihn gerne beim Wort und bieten unsere Solidarität an – aber nur im Tausch gegen Solidität und einen fairen Umgang mit allen Partnern.