Nachdem die Unterhändler im November endlich einen Austrittsvertrag vorgelegt hatten, schien der Scheidungsprozess zwischen den Briten und der EU kurz vor dem Ende zu stehen. Doch seither hat sich die Lage immer weiter zugespitzt. Nun lehnte eine große Mehrheit des britischen Parlaments den Austrittsvertrag ab. Kann das totale Brexit-Chaos noch abgewendet werden?

Seit nunmehr drei Jahren wird über den – voraussichtlich – im März 2019 stattfindenden Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union verhandelt. Seither dominiert das Thema die öffentliche Debatte und zehrt an den Nerven der vielen betroffenen Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen. Vor drei Jahren hätte man kaum zu glauben gewagt, dass nur wenige Wochen vor dem geplanten Austrittsdatum noch völlig unklar ist, ob und wie dieser Austritt stattfinden soll. Nach langen und schwierigen Verhandlungen hatte man Ende 2018 endlich eine Einigung über ein Austrittsabkommen erzielt. Dieses Abkommen lehnte das britische Parlament nun, am vergangenen Dienstag, jedoch mit großer Mehrheit ab.

Eine Lösung der Brexit-Problematik scheint damit noch schwieriger als jemals zuvor und wir steuern auf einen Austritt der Briten ohne jegliche Regelung zu. Damit drohen chaotische Zustände für Menschen und Unternehmen auf beiden Seiten des Ärmelkanals. Noch ist unklar, was bis Ende März und darüber hinaus passiert. Es gilt als wahrscheinlich, dass die britische Regierung um eine Fristverlängerung ersucht, die das Datum des Brexit um einige Wochen nach hinten verschiebt. Die Europäer sind bereit zu Gesprächen, doch aus meiner Sicht müssen zwei Dinge klar sein: Erstens müsste die britische Regierung erklären, was in dieser neu gewonnenen Zeit überhaupt passieren soll. Zweitens sehe ich kaum Spielraum für weitere Zugeständnisse an die Briten. Die EU hat keinerlei Interesse daran, sich an den Briten zu rächen – wir wollen weiter ein gutes Verhältnis. Gleichzeitig ist es die Aufgabe der EU, in den Verhandlungen für das Wohlergehen ihrer verbleibenden 27 Mitgliedstaaten einzustehen.

In den kommenden Tagen und Wochen wird sich nun zeigen, welche Optionen gewünscht und welche Optionen realistisch sind. Ich hoffe nun vor allem, dass die Vernunft siegt und wir am Ende eine Lösung finden, die den Schaden für Europäer und Briten so gering wie möglich hält. Auf keines der vorstellbaren Szenarien möchte ich angesichts der Entwicklungen der vergangenen Monate eine Wette abschließen. Sicher scheint nur, dass es am Ende nur Verlierer geben wird.